CD-Kritik
von Klemens Riegler (Zett - die Zeitung am Sonntag, Ausgabe
vom 20.9.1998)
OTeM
NATURARCHITEKTUR
Wie nennt man etwas, das
man noch nicht gehört hat ? Wie bezeichnet man eine Musik die
aus den verschiedensten Quellen schöpft und bei der schon ein
einziger Ton Aussage hat ? Diese und andere Fragen habe ich mir
gestellt als ich mir das Debüt-Album
der außergewöhnlichen Formation „OTeM“
hineingezogen habe. Und weil ich beim Suchen nach
Begriffen nicht fündig wurde, musste
ich neue nehmen. Die Musik auf
OTeM ist musikalische Naturarchitektur, sie geht in einer
ganz neuen Form unter die Haut und kommt im mitdenkenden Kopf
wieder heraus. Kaum schaltet das Gehirn aus und man läßt die
Seele an die Arbeit, erhält jeder einzelne Ton sein
Berechtigung, dann werden aus steinernen Mauern wogende Wellen,
dann wird das Rationale vom Spirituellen abgelöst oder
umgekehrt, Dissonanzen schmeißen dich aus der Harmonie. Dazu muß
ich sagen, daß es sich bei OTeM keineswegs um synthetische
New Age-Musik handelt, sondern ganz im Gegenteil, um
alteingesessene klassische Instrumente wie Kirchenorgel, Geige,
Saxophon und Stimme, aufgenommen in der natürlichen Akustik der
Kirche von Schenna bei Meran. Den größten Teil der CD nimmt
„Skin of the earth“(die Haut der Erde), ein Siebenteiler zusammengefasst
zu einen Stück, ein. „Die Haut der Erde“ kann mit
geschlossenen Augen als Memorandum für die gewaltige Güte der
Natur betrachtet werden, wobei es immer wieder zu Eruptionen
oder „Sich Wehren“ kommt. Auch hier sind es wieder nur
einzelne Töne, die mich aus dem Kontext reißen, die mich in
die Realität zurückholen, die mir die reale, heutige Natur vor
Augen führen, ja die auch weh tun. Dazu kommen auch noch die
Sprachen, Altgriechisch und Lateinisch. Wie könnte man auch
gregorianisch anmaßende Gesänge singen, wenn nicht in
Lateinisch. Schließen
möchte ich mit dem Tip diese Musik als eingelassene Badewanne
zu betrachten. Wenn Du hinein springst um zu baden, zu relaxen
oder um abzuschalten, dann kommst Du als „gewaschener“
Mensch wieder heraus; Wenn Du allerdings nur badest weil die
Dusche besetzt ist, dann warte bis die Dusche wieder frei ist.
Klemens Riegler
OTeM steht für Dietrich „O“berdörfer (Orgel und Gesang),
Hans „T“utzer (Sopransaxophon) „e“ Parful „M“ittersteiner
(Violine). Das Trio hat bei Shamrock Records (A) unter der
Leitung von Produzent Heinrich von Kalnein, ein sehr bekannter
Jazz-Professor und Klangtüftler, eine CD herausgebracht die im
wahrsten Sinne musikalische Tore öffnet. Das Trio benutzt dabei
Themen aus der mittelalterlichen Sakralmusik, dem Jazz, der
zeitgenössischen Klassik und aus der modernen, symphonischen
Filmmusik, wobei auch ethnische New Age-Ideen dabei sind. Ein
gelungenes Werk, das zudem durch tolle Covergestaltung, Kartonhülle
und guter Konzeption auffällt.
Zu hören ist OTeM übermorgen im Rahmen der Meraner
Musikwochen, wo sie ab 23 Uhr in der Hl. Geist Kirche zu erleben
sind. Am 27. September symphonieren die drei in der Kirche von
Schlanders ab 20.30 Uhr und am 2. Oktober wiederholen sie ihr
Programm in Eppan. Diese
Termine gelten sozusagen auch als CD-Präsentation.
|